Die schönsten Seiten des Weserberglands: Die Gärten und Parks der Sieben Schlösser und Hamelns


Lohnende Ausflüge rund um die Landesgartenschauen in Höxter und Bad Gandersheim

März 2023 – Wenn die Natur nach dem langen Winter wieder erwacht, zieht es uns Menschen verstärkt nach draußen. Das Auge will endlich wieder Farbe sehen, blühendes Leben und belaubte Bäume! Am 14. April 2023 eröffnet die Landesgartenschau Bad Gandersheim ihre Tore, am 20. April 2023 die Landes­gartenschau Höxter, und es wird endlich wieder bunt. Doch für die echten Garten-und Parkfans gibt es in der Umgebung noch viel mehr zu sehen: Gärten mit Geschichte, die von großer Kunst, unterschiedlichen Moden und sehr viel Liebe zu den Wundern der Natur erzählen. Diese Gärten der Sieben Schlösser im Weserbergland und Hamelns sind die perfekte Ergänzung zu einem Besuch der beiden Landesgartenschauen.

Altes Juwel zum „freyen Spatziergang“: Der Remtergarten am Welt­kulturerbe Schloss Corvey

Er war im 18. Jahrhundert die Apotheke der Umgebung und stellte gleichzeitig die Versorgung der Klosterbewohner sicher: der Remtergarten. „Remter“ oder „Remder“ nannte man damals das Refektorium, also den Speisesaal in der Abtei. In ihm wurden sowohl die Bewohner des Konvents als auch der Fürstabt und seine Gäste verpflegt. Auf einer Fläche von 800 Quadratmetern wurden deshalb Obst und Gemüse sowie zahlreiche Heilkräuter angebaut und Bienenvölker gehalten. Darüber hinaus kultivierten die Bewohner hier auch Zierpflanzen. Denn der Gang durch den großen Schlossgarten sollte den Kapitularen, dem Fürstabt und seinen Gästen natürlich ein schönes „Plaisir“ sein

Ende des 18. Jahrhunderts wurde den Seminaristen das Recht zum „freyen Spatziergang in diesem Garten“ garantiert. Den Domkapitularen war „der benötigte Platz zu dem darin befindlichen Immenhause vorbehalten“. Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Garten an Bewohner und Bedienstete von Corvey vermietet. Der wahrscheinlich berühmteste Mieter war der Dichter August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, der vierzehn Jahre lang, bis zu seinem Tod, Bibliothekar bei dem Herzog von Ratibor und Fürsten von Corvey, Viktor I., war.

Nun, zur Landesgartenschau Höxter wurde dieses besondere Juwel wiederbe­lebt. Umrahmt von Beerensträuchern gibt es wie früher einen Apothekergarten und einen „Gemüß Garten“, mit Gemüse, das man schon im Mittelalter aß, das teilweise aber auch aus der Neuen Welt (Amerika) und aus der heutigen Zeit stammt. Nur das Refektorium, der Speisesaal, wurde jetzt nach außen verlegt: Auf einer neu angelegten Verweilfläche kann man sich zwischen Rosenbögen und Pergolen nicht nur beim Blick auf das karolingische Westwerk in Stille und Meditation üben, sondern in der „Outdoorküche“ beim Showcooking mit frisch gepflücktem Gemüse Inspirationen holen.

Die Sehnsucht der Gärtnerin nach Frieden: Hochaktuell und unvergessen – Paula Tobias im Weserrenaissance Schloss Bevern

Das Weserrenaissance Schloss Bevern geht anlässlich der Landesgartenschau einen etwas anderen Weg: Es erinnert an die Ärztin und Gärtnerin Dr. Paula Tobias, die zwei Weltkriege erleben musste und von den Nazis aufgrund ihrer jüdischen Abstammung in die Emigration gezwungen wurde.

Häufig erfahren wir wenig über die Menschen, die die schönsten Gärten anlegen. Wir wissen nicht, wer sie waren, wie sie gearbeitet haben und was sie darüber hinaus für ihren Wirkungsort getan haben. Bevern hat sich dies zur Aufgabe gemacht, denn die Themen der Paula Tobias sind die Themen der heutigen Zeit. Auch wenn sie 1896 geboren wurde und vor über 50 Jahren starb, zeigt sie uns, was Wert hat und überdauert: Natur, Gemeinschaft und der Wunsch nach Frieden.

Dr. Tobias war die erste Landärztin im Braunschweiger Land und zog 1928 nach Bevern. Sie betreute die Schülerinnen und Schüler im Wilhelmsstift im Schloss und gründete die erste Mütterberatung für Säuglingspflege der Region. Doch ihr Wirken reichte noch darüber hinaus. Denn ihre Liebe zur Natur fand sie in dem Werk des berühmten Berliner Staudengärtners Karl Foerster gespiegelt. Mit vielen Stauden aus seiner Gärtnerei, selbst Gezogenem und Gesammeltem hat sie sich nicht nur einen eigenen Garten geschaffen, sondern mit anderen Saatgut getauscht und Stauden geteilt. Bald, wie sie schrieb, hatten „viele Menschen, die sich etwas daraus machten, Ableger“ und „die ganze Gegend blühte von meinen Pflanzen“. Als sie und ihr Mann Siegfried bei Nacht und Nebel in die Emigration mussten, trauten sich viele Menschen trotz der Gefahr durch die Nazis, das Paar zu verabschieden – weil sie ihnen so viel gegeben hatte. Ein Erbe, das das Weserrenaissance Schloss Bevern in diesem Jahr zu Recht ehren möchte.

Im Weserbergland unter Palmen wandeln: Europas größte Palmen­freianlage am Schloss Pyrmont

Es ist kaum aufzuzählen, welche Berühmtheiten und gekrönten Häupter schon durch den Kurpark von Bad Pyrmont gewandelt sind und sich mit kleinen Schlückchen guten Wassers zu neuer Schönheit und Gesundheit getrunken haben. Doch viel spektakulärer ist eigentlich der Park, in dem diese Menschen wandelten: der nördlichste Palmenfreigarten Europas. Was 1913 mit zwölf italienischen Palmen begann, ist heute eine Sammlung von 500 eindrucksvollen Palmen aus aller Welt auf einer Fläche von 5.000 Quadratmetern. Die älteste Palme, liebevoll „Leo“ getauft, ist eine über 300 Jahre alte Chilenische Honigpalme. Sie ist mittlerweile neun Meter hoch und sechs Tonnen schwer. Aber auch kleinere Raritäten wie die Gewürzrinde oder der Seidenbaum finden hier Platz und beeindrucken durch ihre wunderschönen Blüten.

Jedes Jahr im April beginnt der Pyrmonter „Palmauftrieb“. Zehn Menschen, drei Gabelstapler, zwei Trecker und ein Radlader schaffen in zwei bis drei Tagen alle 500 Palmen aus den vier Palmenhäusern und zwei Gewächshäusern hinaus auf die Außenfläche. Die Energiekrise hat den Palmen zum Glück nichts ausgemacht, da sie im Winter ohnehin immer recht kühl stehen.

Sobald alle Nacharbeiten abgeschlossen sind, können auch Pyrmonter und Pyrmonterinnen, wie auch die Kurgäste endlich wieder unter Palmen wandeln. Bis es im Herbst heißt: „Palmabtrieb“, und alles wieder in die Häuser wandert, wo man diese stolzen, alten Gewächse – nach Corona – auch im Winter wieder besuchen und erleben kann.

Ruhe und Kontemplation inmitten des Trubels: der Porzellangarten von Museum Schloss Fürstenberg

Mitten in dem bunten Trubel der Landesgartenschau Höxter liegt eine Oase der Ruhe und Gelegenheit zur Kontemplation: der moderne Porzellangarten von Museum Schloss Fürstenberg. Denn Garten ist nie nur Grün und Bunt in ansprechender Form, sondern immer auch kulturelle und künstlerische Ausein­andersetzung mit dem Verhältnis von Mensch und Natur. Deshalb hat die Leitung von Schloss Fürstenberg sich ein ganz besonderes Highlight einfallen lassen: In den Wallanlagen zwischen Berliner Platz und Stadthalle entstand auf 220 Quadratmetern mit dem Porzellangarten ein Land-Art-Werk, das auf ganz einzigartige Weise Kunst, Kultur, Natur und Alt und Jung verbindet.

Die Planung für diesen Garten entstand im Rahmen eines Ideenwettbewerbs der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe in Höxter. Landschaftsarchitektur-Student Niels Finke abstrahiert den Verlauf der Weser unterhalb von Museum Schloss Fürstenberg und stellt die 275-jährige Porzellantradition der Fürstenberg-Manufaktur der Natur gegenüber. Über 1.500 Teller der Manufaktur bilden den welligen Verlauf des Flusses nach, während Hügel aus Sternmoos und Teppichverbene das umgebende Weserbergland darstellen. Das künstlerisch ambitionierte Projekt spiegelt das wider, was die Manufaktur seit Jahrhunderten lebt: das Zusammenfügen von schönster Natur und hoher Esskultur.

Parallel dazu ergänzt das Museum Schloss Fürstenberg diesen außergewöhnlichen Garten in Höxter durch die Ausstellung „Lustgarten. Porzellan und Gartenkunst“ im Schloss hoch über der Weser. Zahlreiche der kostbaren Exponate aus dem 18. Jahrhundert stammen aus privaten Sammlungen und werden zum ersten Mal öffentlich ausgestellt. Sie zeigen, wie präsent Natur und Garten schon immer in der Porzellankunst waren.

Unter anderthalb Metern Humus ausgegraben und zu alter Pracht erweckt: der Schlosspark Schwöbber

Ein über 400 Jahre altes landschaftsarchitektonisches Juwel findet sich am Schlosshotel Münchhausen in Schwöbber: der acht Hektar große Garten und Landschaftspark. Ab 1750 hatte der bedeutende Botaniker Otto II. von Münchhausen den einstigen Barockgarten nach der neusten Mode begonnen umzugestalten. So wurde der Park zu einem der frühesten englischen Landschaftsgärten in Europa jenseits der britischen Inseln. Seine Gehölze ließ er sich vor allem aus Nordamerika liefern. Und er behielt diese außergewöhnlichen Bäume nicht nur für sich: Er zog sie auch in seinen Baumgärten auf (heute würde man sie Baumschulen nennen) und verkaufte sie über einen Katalog. Um 1765 fasste er schließlich seine aus der Aufzucht gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse in „Der Hausvater“ zusammen. Dieses sechsbändige Werk avancierte schnell zum Standardwerk und durfte über Jahrhunderte in keiner Gutsbibliothek fehlen. Denn es deckte alles ab, was die Führung eines landwirtschaftlichen Anwesens mit Park und Garten wissen musste.

Als der heutige Eigentümer Friedrich Popken 2002 das Grundstück erwarb, lag es allerdings schon seit 17 Jahren im Dornröschenschlaf. Der Park war verwildert, Wege überwuchert, an manchen Stellen war der Humus schon anderthalb Meter hoch angewachsen. Zwei Jahre brauchte es, um Wege und Flächen wieder freizulegen und den Park originalgetreu zu restaurieren.

So manches alte Element ist bis heute erhalten. Bereits seit 1570 kann man vom Schlossteich aus am Mühlengraben entlang spazieren. Und von der Trauerweide aus hat man einen wunderschönen Blick über den Teich hinüber zum Schloss. Heute ist das denkmalgeschützte Gelände geprägt von imposanten, jahrhun­dertealten Baumsolitären aus aller Welt. Einige von ihnen, wie der japanische Judasblattbaum, sind sehr selten. Wer an einem feuchten Herbsttag im Schloss übernachtet, sollte unbedingt einmal an den Blättern dieses Baums riechen: Sie duften dann nämlich nach Gebäck, weshalb der Baum auch als Kuchenbaum bekannt ist.

Alleen als Nahrungsspender, Marktplatz und beeindruckende Sichtachsen: die Alleen von Schloss Bückeburg

Alleen sind bei Schlössern gar nicht wegzudenken. Auf Schloss Bückeburg gab es schon um 1500 einige Obstalleen, um die sich ein Chausseeaufseher kümmerte. Immer weitere Alleen wurden im Lauf der Jahrhunderte rund um das Schloss und in der Nähe gepflanzt, auch aus Birken, Walnüssen und Platanen. Sie sollten den Kindern der Umgebung gesundes Obst und Nüsse spenden, aber auch das Lustwandeln im kühlenden Schatten ermöglichen. Eine Kastanienallee wies den Weg ins fürstliche Jagdrevier, und ihre Früchte dienten dem Wild zur Nahrung. Eine weitere wurde zusätzlich bis Ende der 1970er Jahre als Platz für den Bückeburger Wochenmarkt genutzt.

Noch heute sind drei Alleen am Schloss Bückeburg erhalten: eine Kastanien­und zwei Lindenalleen. Bis ins 19. Jahrhundert kamen die Alleebäume aus der schlosseigenen Baumschule. Per Dekret (einsehbar im Niedersächsischen Landesarchiv) ordnete der Landesherr die Pflanzung an, meist in Doppelreihen, und nur dann, wenn nicht genügend Platz war, auch einreihig.

Nicht zuletzt bildeten Alleen immer auch Sichtachsen und waren dadurch ein Statuselement. Als eins der wichtigsten Konzepte im großflächigen Garten-und Landschaftsbau lenkten diese Sicht-oder auch Blickachsen das Auge in bestimmte Richtungen und auf bestimmte Ziele, die alle eins gemein hatten: Es waren beeindruckende und unvergessliche Blicke. Dieses erhebende Gefühl sollten auch die Gäste des Landesherrn bekommen, wenn sie mit ihren Kutschen auf das Schloss zufuhren oder durch den Park spazierten. Die Alleen setzten und setzen bis heute den grünen Rahmen für die Pracht und Schönheit von Schloss Bückeburg.

Vom Tagebuch zum Landschaftspark: Bäume aus aller Welt im Park von Schloss Hämelschenburg

Eine sanft modellierte Landschaft, geschwungene Wege, Wiesen, die mit großen Bäumen und Baumgruppen bestanden sind, und herrliche Sichtachsen – all dies macht den Stil eines englischen Landschaftsparks aus. Während es im Barock (17. bis 18. Jh.) noch streng geometrisch und formal zuging, bildete die neue Gartenmode ab dem 18. Jahrhundert einen starken Kontrast. Was vorher hart war, war nun sanft und weich. Was vorher üppig blühte, war jetzt durch entspannendes Grün gekennzeichnet. Es sollte aussehen wie träumerische, unberührte Natur, und doch sollte es nicht wild, sondern gepflegt aussehen.

Ein solcher Landschaftspark entstand im 19. Jahrhundert unter der Leitung des weitgereisten Leopold von Klencke. Er hatte auf seinen Reisen immer Buch geführt über das, was er dort sah und kennenlernte, auch über die Pflanzen, die er überall vorfand. Und dieses Wissen brachte er in seinen Plan mit ein. So entstand unter seiner Ägide ein 3 ½ Hektar großer, herrlicher Park mit Bäumen aus aller Welt, wie Chinesischen Rotholzbäumen, Berg-Mammutbäumen oder auch einer Mandschurischen Walnuss. Und damit nicht genug der exotischen Dinge in diesem besonderen Landschaftspark. In ihm ist auch eine Pyramide zu finden, einst die letzte Ruhestätte von Fredericke von Klencke (geb. von Meding), die so gerne Ägypten gesehen hätte, doch auf der Reise dorthin an Schwindsucht verstarb. Durch eine der für englische Landschaftsparks typischen Sichtachsen, vom Georgsberg (benannt nach ihrem Sohn) hinunter, schaut man nicht nur auf die nördliche Seite des Schlosses, sondern auch auf diese Pyramide.

Ein Volkspark entstanden im Zuge einer anderen Landesgartenschau: der beliebte Bürgergarten von Hameln

Anders als Schlossparks, die häufig in erster Linie eine repräsentative Rolle spielten, wurden Stadtparks und -gärten vor allem zur Nutzung für die Bürgerinnen und Bürger angelegt. Ab dem 18. Jahrhundert mehrten sich Volksparks in den Städten und wurden rege genutzt – selbst wenn mancherorts das Betreten des Rasens noch verboten war.

Auch in Hameln hatte man lange Zeit den Wunsch, einen solchen Volkspark zu errichten, doch es gab keine passenden Flächen. Nur eine stach ins Auge: der Exerzierplatz. Doch bevor der zum Bürgergarten werden konnte, wurde er 1924 erst noch zum Stadion für die Hamelner Sportvereine. 1950 wurde aber schon beschlossen, das Stadion zu verlegen. Und dann kam 1962 Hameln das entgegen, was in diesem Jahr in Höxter gefeiert wird: die Landesgartenschau. Hameln bewarb sich, bekam den Zuschlag und eröffnete schließlich im Mai den Bürgergarten.

Vormittags ist es ruhig hier am Rand der Altstadt. Man kann sich entspannen und das Grün und die Blumen genießen. Später wird es trubeliger, denn Kinder wie Erwachsene nutzen den Park als Treffpunkt und zum Spazierengehen, erleben die Wasserspiele, spielen Boule, betätigen sich im Bewegungspark an den Sportgeräten oder halten einfach nur ein Schwätzchen. Es gibt zahlreiche Sitz­und Liegeplätze, einen Spielplatz, mehrere Kunstwerke und Brunnen. Hier, mitten in der Stadt, können sich die Bürgerinnen und Bürger Hamelns aber nicht nur entspannen, sondern auch, umgeben von einer bunt blühenden Vielfalt, Volksfeste feiern, vom Sommerkino bis zum Weinfest. So hat die Landesgartenschau von 1962 genau das erreicht, was jede Landesgartenschau leisten sollte: nachhaltige, schöne und nutzbare Naturflächen für die Städte und ihre Bewohner zu schaffen.

Die Gärten der Sieben Schlösser und Hamelns entstanden zu Zeiten, als niemand auch nur auf die Idee gekommen wäre, Flächen zu vergeuden, um nutzlose Schottergärten anzulegen. Sie waren und sind in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit bis heute ein wunderschönes Sinnbild für die stetige Auseinandersetzung des Menschen mit der umgebenden Natur. Ganz im Sinne der Landesgartenschauen.

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