Hameln, Februar 2014 – Sie waren einst Symbol für Bildung, Erhabenheit und Wohlstand: die Schlossgärten und -parks der Sieben Schlösser und Hamelns. Von berühmten Landschaftsarchitekten oder den Erbauern selbst geplant und von den Nachfahren durch Dürren und Kriege hindurch erhalten, präsentieren sie sich heute als kleine paradiesische Inseln für eine Auszeit vom Alltag. Sie bieten historische, architektonische und botanische Lehrstunden genauso wie Erholung und Genuss für Menschen jeden Alters.
Der Gast ist König zwischen Alleen, Malerteichen und Bambusgarten:
Der Kurpark von Bad Pyrmont
Kein Schloss ohne Garten – doch in Bad Pyrmont hatten die Kurgäste Vorrang. Statt eines Schlossparks wurde ein Kurpark angelegt. Zunächst wurde im 17. Jahrhundert von den Quellen aus die barocke Lindenallee angelegt, die der Badegesellschaft im Sommer Schatten spendete, während sie sich zwischen den Kuren ein wenig Bewegung gönnte. Somit war die Allee, in der von Anbeginn auch musiziert wurde, immer auch ein gesellschaftlicher Treffpunkt. Im 18. Jahrhundert wurde der Park um weitere Alleen bereichert. Diesem Alleensystem wurden dann im 20. Jahrhundert Elemente der englischen Landschaftsgärten hinzugefügt, darunter die Malerteiche, die besonders faszinierende Blicke über das Wasser und durch alte Bäume erlauben und tatsächlich herrliche Motive für Maler abgeben.
Hofgartendirektor Werner Dirks hat 1913 noch direkt an der Schlossgraft im französischen Garten einen Palmengarten anlegen lassen, der heute der größte europäische Palmengarten nördlich der Alpen ist. Die älteste dort befindliche Palme ist weit über 400 Jahre alt und umgeben von Hunderten weiterer Palmen und subtropischen Gewächsen. Auf der Westseite der Schlossgraft liegt ein japanischer Bambusgarten, dessen meditative Ruhe wieder eine ganz andere Wirkung entfaltet.
Ein Spaziergang über das gesamte Areal ist wie ein Gang durch die Jahrhunderte und durch verschiedene Kulturen, vom ältesten Gebäude, dem Erdbeertempel von 1786 bis hin zum neuzeitlichen Bambusgarten. Der Kurpark wurde mehrfach ausgezeichnet, darunter 2005 als „Schönster Park Deutschlands“.
Märchenhafter Park am Schloss der Liebe:
Der Park von Schloss Marienburg
Ein Park, ursprünglich im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegt, wirkt heute wie verwunschen und ist während der Sommermonate im Rahmen einer Theaterführung mit Königin Marie zugänglich.
Hoch über dem Calenberger Land thront das Märchenschloss des letzten Königs von Hannover. Es wurde Ende des 19. Jahrhunderts über einem Steilhang auf den Überresten einer frühmittelalterlichen Befestigungsanlage gebaut, die auf drei Seiten von einem Ringwall umschlossen war. Innerhalb dieses Ringwalls wurden verschlungene Wege, künstliche Felsformationen und Steintreppen gebaut. Sogar ein Wasserfall wurde angelegt, dessen Wassermassen den Steilhang hinunter in die Schlucht stürzten. Typisch für englische Landschaftsgärten bestand die Flora aus Rasenflächen, Büschen und Bäumen, welche die Natur auf künstlerische Weise imitieren sollten. Blumenbeete gab es in diesem Teil des Parks nicht.
Innerhalb der Burgmauern jedoch gab es üppige Blumenbeete unterhalb der Terrasse sowie im Prinzessinnengarten vor dem Westflügel. Nach dem Zweiten Weltkrieg zog man im Prinzessinnengarten Gemüse und pflanzte Obstbäume an.
Zahlreiche Pflanzen des Schlossparks waren nicht winterhart und wurden daher während der kalten Jahreszeit in einen extra gebauten Wintergarten gebracht. Er hatte die Form einer dreischiffigen Basilika und war über den Bibliotheksturm zugänglich. Dieser Wintergarten hatte ein Kalthaus, in dem ein subtropisches Klima für Mittelmeerpflanzen simuliert wurde.
Die großzügige Park- und Gartenanlage wurde nach dem Zweiten Weltkrieg durch zwei Bauten ergänzt: einen Swimmingpool für Herzogin Viktoria Luise, der heute als Reservoir für Löschwasser fungiert, sowie das Grab für Ernst August IV. Prinz von Hannover und seine Gattin Ortrud Prinzessin von Hannover.
Wechselvolle Pracht durch die Jahrhunderte:
Der Park von Schloss Bückeburg
Besonders gut dokumentiert ist die sehr wechselvolle Geschichte des Schlossparks von Bückeburg. Als die mittelalterliche Wasserburg zum Renaissanceschloss umgebaut wurde, legte man zeitgleich einen Lustgarten mit Lavendel, Nelken, Kräutern, Lorbeerbäumen und Heckensträuchern an. Später wurde er zu repräsentativen Zwecken aufwändig erweitert. Exotische Pflanzen wie Zitronen, Granatapfelbäume und Pomeranzen überwinterten in der eigens errichteten Orangerie. Nach dem Dreißigjährigen Krieg dienten Teile des Schlossgartens als Nutzgarten, andere Teile wurden aufgegeben. Mehrfach erfuhr der Schlosspark Blütezeiten, unter anderem im 18. Jahrhundert, als Graf Albrecht Wolfgang ihn nach französischem Vorbild umbauen ließ, vollständig mit Buchsbaumeinfassungen, Eibenpyramiden und Irrgarten. Albrecht Wolfgangs Sohn hatte keinen Sinn für Gärtnerisches und ließ unter anderem die Orangerie zum sechs Kilometer entfernten Schloss Baum versetzen. Nach seinem Tode kehrte sie jedoch unter Philipp Ernst wieder zurück in den Park von Schloss Bückeburg und an ihrer Stelle befindet sich heute immer noch eine Gärtnerei.
In der Folge und unter Fürstin Juliane wurde unter anderem die Kastanienallee mit Bäumen aus der schlosseigenen Baumschule und der Obstgarten im nördlichen Teil angelegt. Zeitweise standen dort allein fast 20.000 Obstbäume. Insbesondere zum Ende des 19. Jahrhunderts investierte die Fürstenfamilie beachtliche Summen in die Umgestaltung zu einem englischen Landschaftsgarten, dessen Elemente inklusive der beeindrucken- den Sichtachsen bis heute beeindrucken.
Die Wasserflächen, die ebenfalls heute noch den Schlosspark zieren, hatten zu allen Zeiten nicht nur eine sicherheitstechnische Rolle, sondern wurden zur Karpfenzucht, als Wasserlieferanten und „Schwimmanstalten“ genutzt oder zur Zierde eingesetzt. Sie zählen bis heute mit ihren Lichteffekten und Spiegelungen neben den uralten Bäumen des Parks zu den interessanten und erholsamen Attraktionen des weitläufigen Geländes.
Idylle zwischen Natur und Renaissance:
Park und Garten von Schloss Hämelschenburg
Schloss Hämelschenburg liegt reizvoll am Rande eines Berges umgeben von einem Garten und einem Park inmitten einer geschützten Kulturlandschaft entlang des kleinen Flusses Emmer. Von zahlreichen Punkten aus ermöglichen Sichtachsen einzigartige Blicke auf das Schloss. Der Schlossgarten wird von einer langen, alten Sandsteinmauer umgeben. Diese, so dachte man früher, schütze den Garten vor der Natur.
Die alte Einteilung des Schlossgartens in einen Lustgarten, einen Nutzgarten und einen Obstgarten ist bis heute erhalten. Durch den im Jahr 2000 rekonstruierten, modernen Lustgarten hindurch geht es einen neu hinzugefügten, idyllischen Pfad hinab zur alten Wassermühle. Von hier aus ist der alte Obstgarten unterhalb des Gartenhauses zu sehen, der bis heute genutzt wird. Der einstige Nutzgarten, in dem Gemüse und Kräuter gezogen wurden, ist heute ein Auslauf für die Stuten und Fohlen des benachbarten Trakehnergestüts.
Zur anderen Seite des Schlosses liegt ein Park ganz anderer Natur. Durch das mächtige Tor über den Schlossvorplatz erreichbar, erstreckt sich von hier aus ein Landschaftspark mit einem Teich und exotischen Parkbäumen, der schließlich in den angrenzenden Wald übergeht. Ursprünglich war ein Zugang nur über Brücken möglich, doch die das Schloss umgebende Gracht wurde im 19. Jahrhundert auf der westlichen Seite zugeschüttet. Mitten im Park, umgeben von alten Bäumen, steht eine Pyramide. Georg L. F. Laves, der führende Architekt des Königreichs Hannover, baute sie 1855 als Begräbnisstätte der Familie von Klencke. Heute nicht mehr genutzt, fügt sie sich mit einer Patina aus Moos und Flechten in ihre ungewöhnliche Umgebung ein.
Blütenmeer und Exotik: Der Ohrbergpark bei Hameln
Ein Gartenjuwel aus Rhododendren, Azaleen und exotischen Bäumen befindet sich südlich der Fachwerkstadt Hameln, in Emmertal, 80 Meter über dem Wesertal, auf dem Gelände des Ritterguts von Ohr der Familie von Hake. Zwar gehört der Ohrbergpark zum Familienbesitz, doch war und ist er ganzjährig öffentlich zugänglich. Wo einst Kühe, Schafe und Ziegen weideten, entstand Anfang des 19. Jahrhunderts ein englischer Landschafts- garten nach Ideen des Leiters des Königlichen Hofbau- und Gartendepartements in Hannover, Christian Ludwig von Hake. Sein Sohn Georg Adolph schließlich ließ den südlichen Teil des Parks mit Freiflächen, Bäumen und Sträuchern anlegen, während der nördliche Teil auch heute noch aus einem Wald mit Hohlwegen und Treppen besteht.
Im Juni explodieren im unteren Teil die großen Rhododendren und Azaleen in allen Farben, doch auch in den anderen Jahreszeiten belohnt der Park einen ausführlichen Rundgang, nicht nur aufgrund der sorgfältig von Hake ausgesuchten exotischen Bäume, deren Laub farblich aufeinander abgestimmt ist. Vom Ohrberg aus gibt es zudem an verschiedenen Punkten wunderschöne Blicke weit über das Wesertal.
Zwischen Ursprünglichkeit und alten Weinterrassen:
Natur erleben auf Schloss Fürstenberg
Ebenfalls auf einer Anhöhe, hoch über der Weser, liegt das Schloss Fürstenberg, bekannt durch das „Weiße Gold der Weser“, das Porzellan. Das ehemalige Jagdschloss wurde auf einem Sandsteinfelsen gebaut, doch da es zunächst nicht dauerhaft oder nur zu repräsentativen Zwecken bewohnt war, wurde hier nie ein Schlosspark angelegt. Nur im 18. Jahrhundert wurde am Südhang, der durch Sandsteinterrassen erschlossen worden war, Wein angebaut. Ab dem 19. Jahrhundert verschwand der Wein, der, so die Kunde, sehr wohl gemundet hatte, und machte Obstbäumen Platz.
Das Areal ist also nicht als Park erschlossen worden, doch bietet es gerade deshalb ein besonderes Naturerlebnis. Die Sandsteinterrassen liegen etwas abgeschieden und ermöglichen einen wildromantischen Blick über das Wesertal bis hin zum ostwestfälischen Bergland. Vom Schloss aus können die Schiffe der „Flotte Weser“ zu Fuß über die Terrassen hinunter und durch das Naturschutzgebiet Kathagenberg erreicht werden.
Wenn die Parks und Gärten der Sieben Schlösser und Hamelns sprechen könnten – sie könnten mehr erzählen als so manches alte Gemäuer, nämlich von geheimen Absprachen, Intrigen, Liebesschwüren, Duellen und unzähligen Tagträumen gekrönter, geistlicher und anderer Häupter. Heute kann man ihnen bei Führungen nachspüren oder bei genussvollen Spaziergängen den eigenen Gedanken einfach freien Lauf lassen.
Zwischen Alleen, Malerteichen und Bambusgarten:
Der Kurpark von Bad Pyrmont
Öffnungszeiten: Der Kurpark wird im Sommerhalbjahr um 22.00 Uhr und im Winterhalbjahr um 20.30 Uhr bzw. nach Einbruch der Dunkelheit geschlossen. Eintrittspreise: 4,- Euro pro Person, in der Gruppe 3,- Euro pro Person (April bis Oktober), Hunde sind im Kurpark nicht erlaubt.
Märchenhafter Park am Schloss der Liebe:
Der Park von Schloss Marienburg
Der Schlosspark ist ausschließlich im Rahmen einer (vorab zu buchenden) Führung zugänglich, die nur bei passendem Wetter stattfindet.
Wechselvolle Pracht durch die Jahrhunderte:
Der Park von Schloss Bückeburg
Der Schlosspark Bückeburg ist ganzjährig frei zugänglich, unabhängig von einem geführten Schlossbesuch.
Idylle zwischen Natur und Renaissance:
Park und Garten von Schloss Hämelschenburg
Garten, Mühle und Gutshof von Schloss Hämelschenburg sind jederzeit frei zugänglich. Der Park kann im Winter frei, in den anderen Jahreszeiten nach einer Führung begangen werden.
Blütenmeer und Exotik:
Der Ohrbergpark in Hameln
Der Ohrbergpark liegt 3 km südlich des Stadtzentrums. Er befindet sich in privater Hand, ist jedoch ganzjährig frei zugänglich.
Zwischen Ursprünglichkeit und alten Weinterrassen:
Natur erleben auf Schloss Fürstenberg
Die Südwestfront mit den Terrassen ist ganzjährig frei zugänglich.
Weitere Informationen zu den Sieben Schlössern im Leine- und Weserbergland und Hameln sowie ihren aktuellen Veranstaltungen und Ausstellungen findet der Besucher auf der Homepage www.sieben-schloesser.de.